In der Vorlage
SG/024/2022/XI wurde von der Samtgemeindeverwaltung dargelegt, dass zum
01.01.2023 die neuen gesetzlichen Regelungen zur Besteuerung der öffentlichen
Hand in Kraft treten werden.
Aufgrund der
umfangreichen Aufgaben die die Kommunen noch bis zum Wirksamwerden der neuen
gesetzlichen Regelungen zu bewältigen haben, wurde verwaltungsseitig
vorgeschlagen sich externer Unterstützung zu bedienen. Die Beschlussvorlage
wurde im ersten Sitzungslauf 2022 aufgrund von fehlenden begründenden Sachinformationen
im Fachausschuss abgelehnt, sodass die Beschlussvorlage für die folgenden
Sitzungen des Sitzungslaufs von den Tagesordnungen genommen wurde.
Im Anschluss an den
Sitzungslauf wurde sich intern stärker mit dem Thema auseinandergesetzt. In
diversen Informationsveranstaltungen, Schulungen, Recherchen und
Erfahrungsberichten konnte eine konkrete Übersicht über den Aufwand, die
Aufgaben und die Schwierigkeiten zur Umsetzung des Projektes gewonnen werden.
Bisher galt die
Kommunalverwaltung mit ihren gesamten Tätigkeitsbereichen als steuerbefreit.
Ausnahmen waren so genannte „Betriebe gewerblicher Art (BgA)“. Diese unterlagen
aufgrund ihrer wirtschaftlichen Betätigung (z.B. Wasser- oder
Gasversorgungsbetriebe etc.) schon immer der Umsatzsteuer. Die Kommunalverwaltung
unterliegt ab 01.01.2023 grundsätzlich in allen Bereichen der Umsatzsteuer, es
sei denn es findet sich eine Ausnahme nach § 2b UstG. Aufgrund der Tatsache,
dass in Zukunft grundsätzlich alles der Umsatzsteuer unterliegt, sind die
Kommunen in der Beweispflicht, sollten sie von der Besteuerung abweichen
wollen. Dies macht es zwingend notwendig, dass jede einzelne Einnahme auf Ihren
steuerlichen Sachverhalt hin geprüft und die daraus resultierende Entscheidung
rechtssicher bestimmt und dokumentiert wird.
Sämtliche Einnahmen,
die ohne oder auch mit Vertragshintergrund der Kommune zufließen, müssen nach
einheitlichen Parametern zusammengefasst und dargestellt werden. Anhand der
gesammelten Daten muss eine exakte umsatzsteuerliche Bewertung jedes Einzelfalls
erfolgen. Nach der Bewertung müssen die daraus resultierenden Folgen
allgemeingesetzlicher aber vor allem steuerrechtlicher Art herausgearbeitet und
auf ihre Plausibilität hin geprüft werden. Hierbei kann als Ergebnis vorliegen,
dass Satzungen oder Verträge angepasst werden müssen oder auch neue Verträge
abgeschlossen werden müssen. Ferner müssen die bisherigen
Zahlungsaufforderungen an die gesetzlichen Vorgaben angepasst werden. Für die
Finanzvorfälle die in Zukunft der Steuerpflicht unterliegen, müssen Anpassungen
an der genutzten Finanzsoftware vorgenommen werden. Im Anschluss an die
genannten Aufgabenschwerpunkte muss ein so genanntes „Tax Compliance Management
System“ eingeführt werden. Dieses System wird zur Minimierung der Fehler
eingesetzt, die im Rahmen der Steuerbearbeitung passieren können. Ein solches
Kontrollsystem ist unerlässlich um sich von dem Tatbestand der vorsätzlichen
oder leichtfertigen Steuerhinterziehung zu exkulpieren. Die Einführung eines
Tax Compliance Management Systems zieht Änderungen innerhalb der
organisatorischen Struktur der Verwaltung nach sich, sowie die Notwendigkeit
zur Erstellung und Etablierung neuer Dienstanweisungen, Steuerleitfäden und
Prozessroutinen. Wenn es zu Fehlern innerhalb der Steuerbearbeitung kommt und
kein Tax Compliance Management System vorliegt, handelt es sich mindestens um
den Tatbestand der fahrlässigen Steuerhinterziehung. Die Folgen können
erhebliche Bußgelder oder Haftstrafen für alle beteiligten sein.
Nach der genauen
Auswertung und Abschätzung der noch zu erledigenden Aufgaben hat sich
herausgestellt, dass es allein für die Erfassung und Darstellung sowie einer
Vorqualifizierung aller Einnahmen eine Vollzeitstelle brauchen würde, die sich
bis zum Ende dieses Jahrs ausschließlich mit dieser Aufgabe befasst. Das Binden
einer Arbeitskraft in derartigem Umfang bedeutet, dass die sonstige
Aufgabenerledigung auf der entsprechenden Stelle bis zum Ende des Jahres
gehemmt würde. Ein Auffangen der Arbeit durch andere Mitarbeiter ist zurzeit
nicht möglich, da alle Stellen voll ausgelastet sind. Zudem wäre bis zum Ende
des Jahres nur ein kleiner Schritt zur letztendlichen Umsetzung des § 2b UstG
erfolgt, da wie bereits beschrieben, noch wesentlich mehr Arbeitsschritte
notwendig sind.
Eine rechtssichere
und pünktliche Umsetzung des Projektes aus eigenen Kräften ist aus den bereits
genannten Gründen nicht möglich. Auch ist der steuerrechtliche Sachverstand zur
Würdigung mittelschwerer oder komplexer Sachverhalte nicht vorhanden. Ein
Vergabeverfahren im Anschluss an diesen Sitzungslauf könnte dazu beitragen,
dass noch in diesem Jahr umfassende Schritte mit einer externen Begleitung
erfolgreich umgesetzt werden könnten.
Um die Kosten einer
externen Begleitung besser einschätzen zu können, wurde von der Verwaltung eine
Kostenprognose von der Firma Axcians Public Consulting eingeholt. Die
Kostenprognose umfasst dabei verschiedene Schritte beziehungsweise
Meilensteine.
„Meilenstein 1“
„Unterstützung bei
der Identifizierung relevanter Geschäftsvorfälle und Qualifizierung der
Einkünfte nach § 2b UstG.
Hier erfolgt eine
Leistungs- und Vertragsinventur auf Basis der Buchungen auf den einzelnen
Produktsachkonten des Jahres 2021 unter Hinzuziehung der Haushalte 2021 und
2022 der Samtgemeinde Rethem (Aller).
Eine erste
Abgrenzung der Sachverhalte nach „privatrechtlichen“ Bereichen (bisherige oder
neue BgA) und öffentlich-rechtlichen Bereichen wird vorgenommen. Dabei erfolgt
eine erste Zusammenfassung der identifizierten Leistungen in einer Tabelle
sowie eine grobe steuerrechtliche Würdigung der einzelnen Sachverhalte.“
Der Brutto
Auftragspreis wird auf ca. 10.829,00 € geschätzt. Umfassendere Leistungen
können erst dann preislich geschätzt werden, wenn feststeht, um wie viele
steuerliche Sachverhalte es sich tatsächlich handeln wird. Die weiteren
Meilensteine gehen über die Ermittlung der steuerlichen Konsequenzen aus der
Qualifizierung der Einkünfte bis hin zur Umsetzung der umsatzsteuerrelevanten
Sachverhalte in der Rechnungslegung und schlussendlich bis zum Aufbau eines Tax
Compliance Management Systems.
Um unabhängig zur
eigenen Einschätzung mehrere Sichtweisen zu gewinnen, wurden mehrere Kommunen
zum Vorgehen und zum aktuellen Stand der Umsetzung angefragt.
Gemeinde Wietzendorf
Einwohner: 4.104
Anfang 2022 hat sich
die Gemeinde Wietzendorf externe Unterstützung eingeholt. Es wurde ein
Unternehmen aus den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung,
Rechtsberatung, Unternehmensberatung und Kommunalberatung beauftragt. Sämtliche
Einnahmen wurden analysiert und bewertet. Als Grund für die externe
Unterstützung wurde die Vielzahl der zu bewertenden Einnahmen genannt sowie die
fehlende fachliche Expertise um diese entsprechend qualifizieren zu können.
Gemeinde
Neuenkirchen
Einwohner: 5.710
Zur Umsetzung der
Umsatzsteuerpflicht hat die Gemeinde Neuenkirchen eine
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt, um die Bewertung aller Einnahmen
vorzunehmen. Die fehlende fachliche Expertise zur Bewertung der einzelnen
Sachverhalte ist auch hier ein Grund für die externe Unterstützung. Zudem haben
sich die anfänglichen Arbeiten als äußerst umfangreich erwiesen.
Gemeinde Bispingen
Einwohner: 6.256
Die Gemeinde
Bispingen hat ebenfalls am Anfang dieses Jahrs externe Unterstützung erhalten.
Grund für die Beauftragung war ebenfalls die fehlende steuerrechtliche
Kompetenz um die Finanzvorfälle rechtssicher bewerten zu können.
Samtgemeinde
Siedenburg
Einwohner: 4.395
Auch die
Samtgemeinde Siedenburg hat sich für eine externe Unterstützung entschieden.
Die beauftragte Firma hat die meisten Einnahmen erfasst und bewertet.
Zusätzlich verfügt die Samtgemeinde über eine Vollzeitstelle mit einer
Steuerfachangestellten, die sich ebenfalls dem Projekt widmet.
Stadt Walsrode
Einwohner: 24.069
Nachdem sich die
Stadt Walsrode näher mit der Umsetzung der neuen rechtlichen Gegebenheiten
auseinandergesetzt hatte, wurde ersichtlich, dass es externe Unterstützung
bedarf, um die teilweise äußerst komplexen steuerlichen Sachverhalte
zweifelsfrei bewerten zu können. Derzeit werden die Einnahmen analysiert und
bewertet.
Aus den
Erfahrungsberichten der anderen Kommunen lässt sich schließen, dass alle der
von uns befragten Kommunen auf externe Unterstützung setzen. Der Grund hierfür
ist nahezu immer die fehlende fachliche Expertise und fehlendes Personal um den
anfänglich hohen Arbeitsaufwand stemmen zu können, sowie die Vermeidung
steuerrechtlicher Fehler, die in Zukunft große Auswirkungen haben könnten.
Verwaltungsseitig wird daher dringend empfohlen, externe Unterstützung einzuholen um eine rechtzeitige und rechtssichere Umsetzung des § 2b UStG gewährleisten zu können.
Anlagen:
Keine
Beschluss:
Der Samtgemeinderat
beschließt, dass die Samtgemeindeverwaltung zur rechtssicheren Umsetzung der
neuen Besteuerung der öffentlichen Hand (§ 2b UStG) externe Unterstützung
ausschreiben und beauftragen soll. Die entsprechenden finanziellen Mittel
stehen im Haushalt 2022 zur Verfügung. Ansatzüberschreitungen werden durch den
Deckungskreis der Aufwandskonten aufgefangen.
Die
Samtgemeindeverwaltung wird mit der unverzüglichen Ausführung beauftragt und
hat in den nächsten Sitzungsläufen über die Fortschritte zu berichten.
Folgekostenrechnung:
Die finanziellen Mittel sind bei dem
Produktkonto 11100.4291000 in Höhe von 5.000 € veranschlagt. Die restlichen
Mittel in Höhe von ca. 15.000 € sind im Deckungskreis der Aufwandskonten
vorhanden. Die Auftragsvergabe wird dadurch gesichert.
Ca. 11.000 € Aufwand für den ersten
Meilenstein
Ca. 9.000 € weiterer Aufwand für weitere Meilensteine