Betreff
Umsetzung § 2b UStG
Vorlage
SG/044/2022/XI
Art
Drucksache
Untergeordnete Vorlage(n)

In der Vorlage SG/024/2022/XI wurde von der Samtgemeindeverwaltung dargelegt, dass zum 01.01.2023 die neuen gesetzlichen Regelungen zur Besteuerung der öffentlichen Hand in Kraft treten werden.

 

Aufgrund der umfangreichen Aufgaben die die Kommunen noch bis zum Wirksamwerden der neuen gesetzlichen Regelungen zu bewältigen haben, wurde verwaltungsseitig vorgeschlagen sich externer Unterstützung zu bedienen. Die Beschlussvorlage wurde im ersten Sitzungslauf 2022 aufgrund von fehlenden begründenden Sachinformationen im Fachausschuss abgelehnt, sodass die Beschlussvorlage für die folgenden Sitzungen des Sitzungslaufs von den Tagesordnungen genommen wurde.

 

Im Anschluss an den Sitzungslauf wurde sich intern stärker mit dem Thema auseinandergesetzt. In diversen Informationsveranstaltungen, Schulungen, Recherchen und Erfahrungsberichten konnte eine konkrete Übersicht über den Aufwand, die Aufgaben und die Schwierigkeiten zur Umsetzung des Projektes gewonnen werden.

 

Bisher galt die Kommunalverwaltung mit ihren gesamten Tätigkeitsbereichen als steuerbefreit. Ausnahmen waren so genannte „Betriebe gewerblicher Art (BgA)“. Diese unterlagen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Betätigung (z.B. Wasser- oder Gasversorgungsbetriebe etc.) schon immer der Umsatzsteuer. Die Kommunalverwaltung unterliegt ab 01.01.2023 grundsätzlich in allen Bereichen der Umsatzsteuer, es sei denn es findet sich eine Ausnahme nach § 2b UstG. Aufgrund der Tatsache, dass in Zukunft grundsätzlich alles der Umsatzsteuer unterliegt, sind die Kommunen in der Beweispflicht, sollten sie von der Besteuerung abweichen wollen. Dies macht es zwingend notwendig, dass jede einzelne Einnahme auf Ihren steuerlichen Sachverhalt hin geprüft und die daraus resultierende Entscheidung rechtssicher bestimmt und dokumentiert wird.

 

Sämtliche Einnahmen, die ohne oder auch mit Vertragshintergrund der Kommune zufließen, müssen nach einheitlichen Parametern zusammengefasst und dargestellt werden. Anhand der gesammelten Daten muss eine exakte umsatzsteuerliche Bewertung jedes Einzelfalls erfolgen. Nach der Bewertung müssen die daraus resultierenden Folgen allgemeingesetzlicher aber vor allem steuerrechtlicher Art herausgearbeitet und auf ihre Plausibilität hin geprüft werden. Hierbei kann als Ergebnis vorliegen, dass Satzungen oder Verträge angepasst werden müssen oder auch neue Verträge abgeschlossen werden müssen. Ferner müssen die bisherigen Zahlungsaufforderungen an die gesetzlichen Vorgaben angepasst werden. Für die Finanzvorfälle die in Zukunft der Steuerpflicht unterliegen, müssen Anpassungen an der genutzten Finanzsoftware vorgenommen werden. Im Anschluss an die genannten Aufgabenschwerpunkte muss ein so genanntes „Tax Compliance Management System“ eingeführt werden. Dieses System wird zur Minimierung der Fehler eingesetzt, die im Rahmen der Steuerbearbeitung passieren können. Ein solches Kontrollsystem ist unerlässlich um sich von dem Tatbestand der vorsätzlichen oder leichtfertigen Steuerhinterziehung zu exkulpieren. Die Einführung eines Tax Compliance Management Systems zieht Änderungen innerhalb der organisatorischen Struktur der Verwaltung nach sich, sowie die Notwendigkeit zur Erstellung und Etablierung neuer Dienstanweisungen, Steuerleitfäden und Prozessroutinen. Wenn es zu Fehlern innerhalb der Steuerbearbeitung kommt und kein Tax Compliance Management System vorliegt, handelt es sich mindestens um den Tatbestand der fahrlässigen Steuerhinterziehung. Die Folgen können erhebliche Bußgelder oder Haftstrafen für alle beteiligten sein.

 

Nach der genauen Auswertung und Abschätzung der noch zu erledigenden Aufgaben hat sich herausgestellt, dass es allein für die Erfassung und Darstellung sowie einer Vorqualifizierung aller Einnahmen eine Vollzeitstelle brauchen würde, die sich bis zum Ende dieses Jahrs ausschließlich mit dieser Aufgabe befasst. Das Binden einer Arbeitskraft in derartigem Umfang bedeutet, dass die sonstige Aufgabenerledigung auf der entsprechenden Stelle bis zum Ende des Jahres gehemmt würde. Ein Auffangen der Arbeit durch andere Mitarbeiter ist zurzeit nicht möglich, da alle Stellen voll ausgelastet sind. Zudem wäre bis zum Ende des Jahres nur ein kleiner Schritt zur letztendlichen Umsetzung des § 2b UstG erfolgt, da wie bereits beschrieben, noch wesentlich mehr Arbeitsschritte notwendig sind.

 

Eine rechtssichere und pünktliche Umsetzung des Projektes aus eigenen Kräften ist aus den bereits genannten Gründen nicht möglich. Auch ist der steuerrechtliche Sachverstand zur Würdigung mittelschwerer oder komplexer Sachverhalte nicht vorhanden. Ein Vergabeverfahren im Anschluss an diesen Sitzungslauf könnte dazu beitragen, dass noch in diesem Jahr umfassende Schritte mit einer externen Begleitung erfolgreich umgesetzt werden könnten.

 

Um die Kosten einer externen Begleitung besser einschätzen zu können, wurde von der Verwaltung eine Kostenprognose von der Firma Axcians Public Consulting eingeholt. Die Kostenprognose umfasst dabei verschiedene Schritte beziehungsweise Meilensteine.

 

„Meilenstein 1“

„Unterstützung bei der Identifizierung relevanter Geschäftsvorfälle und Qualifizierung der Einkünfte nach § 2b UstG.

 

Hier erfolgt eine Leistungs- und Vertragsinventur auf Basis der Buchungen auf den einzelnen Produktsachkonten des Jahres 2021 unter Hinzuziehung der Haushalte 2021 und 2022 der Samtgemeinde Rethem (Aller).

 

Eine erste Abgrenzung der Sachverhalte nach „privatrechtlichen“ Bereichen (bisherige oder neue BgA) und öffentlich-rechtlichen Bereichen wird vorgenommen. Dabei erfolgt eine erste Zusammenfassung der identifizierten Leistungen in einer Tabelle sowie eine grobe steuerrechtliche Würdigung der einzelnen Sachverhalte.“

 

Der Brutto Auftragspreis wird auf ca. 10.829,00 € geschätzt. Umfassendere Leistungen können erst dann preislich geschätzt werden, wenn feststeht, um wie viele steuerliche Sachverhalte es sich tatsächlich handeln wird. Die weiteren Meilensteine gehen über die Ermittlung der steuerlichen Konsequenzen aus der Qualifizierung der Einkünfte bis hin zur Umsetzung der umsatzsteuerrelevanten Sachverhalte in der Rechnungslegung und schlussendlich bis zum Aufbau eines Tax Compliance Management Systems.

 

 

Um unabhängig zur eigenen Einschätzung mehrere Sichtweisen zu gewinnen, wurden mehrere Kommunen zum Vorgehen und zum aktuellen Stand der Umsetzung angefragt.

 

 

Gemeinde Wietzendorf

Einwohner: 4.104

 

Anfang 2022 hat sich die Gemeinde Wietzendorf externe Unterstützung eingeholt. Es wurde ein Unternehmen aus den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung, Unternehmensberatung und Kommunalberatung beauftragt. Sämtliche Einnahmen wurden analysiert und bewertet. Als Grund für die externe Unterstützung wurde die Vielzahl der zu bewertenden Einnahmen genannt sowie die fehlende fachliche Expertise um diese entsprechend qualifizieren zu können.

 

Gemeinde Neuenkirchen

Einwohner: 5.710

 

Zur Umsetzung der Umsatzsteuerpflicht hat die Gemeinde Neuenkirchen eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt, um die Bewertung aller Einnahmen vorzunehmen. Die fehlende fachliche Expertise zur Bewertung der einzelnen Sachverhalte ist auch hier ein Grund für die externe Unterstützung. Zudem haben sich die anfänglichen Arbeiten als äußerst umfangreich erwiesen.

 

Gemeinde Bispingen

Einwohner: 6.256

 

Die Gemeinde Bispingen hat ebenfalls am Anfang dieses Jahrs externe Unterstützung erhalten. Grund für die Beauftragung war ebenfalls die fehlende steuerrechtliche Kompetenz um die Finanzvorfälle rechtssicher bewerten zu können.

 

Samtgemeinde Siedenburg

Einwohner: 4.395

 

Auch die Samtgemeinde Siedenburg hat sich für eine externe Unterstützung entschieden. Die beauftragte Firma hat die meisten Einnahmen erfasst und bewertet. Zusätzlich verfügt die Samtgemeinde über eine Vollzeitstelle mit einer Steuerfachangestellten, die sich ebenfalls dem Projekt widmet.

 

Stadt Walsrode

Einwohner: 24.069

 

Nachdem sich die Stadt Walsrode näher mit der Umsetzung der neuen rechtlichen Gegebenheiten auseinandergesetzt hatte, wurde ersichtlich, dass es externe Unterstützung bedarf, um die teilweise äußerst komplexen steuerlichen Sachverhalte zweifelsfrei bewerten zu können. Derzeit werden die Einnahmen analysiert und bewertet.

 

 

Aus den Erfahrungsberichten der anderen Kommunen lässt sich schließen, dass alle der von uns befragten Kommunen auf externe Unterstützung setzen. Der Grund hierfür ist nahezu immer die fehlende fachliche Expertise und fehlendes Personal um den anfänglich hohen Arbeitsaufwand stemmen zu können, sowie die Vermeidung steuerrechtlicher Fehler, die in Zukunft große Auswirkungen haben könnten.

 

Verwaltungsseitig wird daher dringend empfohlen, externe Unterstützung einzuholen um eine rechtzeitige und rechtssichere Umsetzung des § 2b UStG gewährleisten zu können.  

 


Anlagen:

Keine

 


Beschluss:

 

Der Samtgemeinderat beschließt, dass die Samtgemeindeverwaltung zur rechtssicheren Umsetzung der neuen Besteuerung der öffentlichen Hand (§ 2b UStG) externe Unterstützung ausschreiben und beauftragen soll. Die entsprechenden finanziellen Mittel stehen im Haushalt 2022 zur Verfügung. Ansatzüberschreitungen werden durch den Deckungskreis der Aufwandskonten aufgefangen.

 

Die Samtgemeindeverwaltung wird mit der unverzüglichen Ausführung beauftragt und hat in den nächsten Sitzungsläufen über die Fortschritte zu berichten.

 


Folgekostenrechnung:

Die finanziellen Mittel sind bei dem Produktkonto 11100.4291000 in Höhe von 5.000 € veranschlagt. Die restlichen Mittel in Höhe von ca. 15.000 € sind im Deckungskreis der Aufwandskonten vorhanden. Die Auftragsvergabe wird dadurch gesichert.

 

Ca. 11.000 € Aufwand für den ersten Meilenstein

Ca.  9.000 € weiterer Aufwand für weitere Meilensteine